Fachgespräch

Das Fachgespräch bildet den zweiten Teil des Zertifizierungsverfahrens. Ziel dieses Gesprächs ist es, ausgehend von der Tätigkeitsbeschreibung das Vorliegen der fachlichen Voraussetzungen für den Erwerb der Ingenieur-Qualifikation festzustellen. 
In diesem Kapitel erhalten Sie Informationen über Inhalt und Ablauf dieses Gesprächs.
Das Fachgespräch findet in der Regel in der Zertifizierungsstelle statt. Für die Durchführung von Fachgesprächen für einzelne Fachrichtungen sind Kooperationen mit anderen Zertifizierungsstellen möglich.

Die Dauer des Fachgespräches beträgt bis zu 45 Minuten. Die Kommission besteht aus zwei Mitgliedern, die Experten/Expertinnen in jener HTL-Fachrichtung sind, die Sie in Ihrem schriftlichen Antrag angegeben haben. Ein Experte/eine Expertin stammt dabei aus der beruflichen Praxis, der zweite Experte/die zweite Expertin gehört dem Lehrkörper einer HTL, einer technischen Fachhochschule oder Universität an. Beiden Fachexperten/-expertinnen wird vor dem Fachgespräch Ihre Tätigkeitsbeschreibung übermittelt, damit sie sich ein erstes Bild über Ihre Praxis machen können. Im Rahmen des Gesprächs haben sie die Aufgabe, weitere Informationen über Ihre Tätigkeiten einzuholen und die Plausibilität der von Ihnen angegebenen Informationen zu hinterfragen.
Das Fachgespräch soll den Fachexperten/-expertinnen zeigen

Welche Tätigkeiten Sie im Rahmen Ihrer Praxis ausgeführt haben bzw. ausführen,

wie Sie dabei vorgegangen sind/vorgehen (z.B. Prozessabläufe, Einsatz von Verfahren, Instrumenten, Methoden etc.) und

welche Rolle Sie bei diesen Tätigkeiten eingenommen haben/einnehmen (d.h. Ihre Funktion, Ihren Handlungs- und Entscheidungsspielraum).

Anhand dieses Gespräches sollen die Experten/Expertinnen feststellen können, ob auf Basis der für die Vergabe der Ingenieur-Qualifikation definierten Kriterien die fachlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Gleichzeitig soll auch die Plausibilität Ihrer Tätigkeitsbeschreibung überprüft werden, d.h. ob Sie tatsächlich die in der Beschreibung erwähnten ingenieurmäßigen Tätigkeiten durchgeführt haben und damit über die für diese Qualifikation erforderlichen Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenz verfügen.
Wichtig ist, zu beachten, dass das Fachgespräch keine mündliche Prüfung ist. Es geht dabei nicht um

eine Abfrage von Fachwissen, wiewohl Sie dieses im Rahmen des Gesprächs demonstrieren müssen;

eine Bewertung, wie gut oder weniger gut Sie eine praktische Aufgabe gemeistert haben;

die Feststellung, ob ein Lösungsansatz/eine Vorgehensweise in einem Projekt/ bei der Durchführung einer Aufgabe falsch oder richtig war bzw. zum Erfolg geführt hat oder nicht;

die Beurteilung, wie Sie Ihre Tätigkeiten präsentieren und mit der Zertifizierungskommission kommunizieren.

Nach dem Fachgespräch beraten sich die Mitglieder der Zertifizierungskommission über das Ergebnis. Ihre Beratung kann dabei zu einem der folgenden Ergebnisse führen (siehe dazu auch die grafische Darstellung des gesamten Zertifizierungsverfahrens am Ende dieses Kapitels):

1. Ergebnis 1 – Qualifikationsvergabe: Die Kommissionsmitglieder stellen beide übereinstimmend fest, dass Sie die fachlichen Voraussetzungen für den Erwerb der Qualifikationsbezeichnung „Ingenieur“ bzw. „Ingenieurin“ erfüllen.

2. Ergebnis 2 – Keine Feststellung:
Die Mitglieder der Zertifizierungskommission können die Feststellung, dass Sie die fachlichen Voraussetzungen erfüllen, nicht treffen. Die Gründe dafür sind im Protokoll nachvollziehbar zu dokumentieren. Das Fachgespräch kann einmal wiederholt werden, wenn Sie der Ansicht sind, dass Sie trotzdem über die fachlichen Voraussetzungen verfügen und diese nicht richtig darstellen konnten. Ein dritter Antritt ist nicht möglich. Möglich ist allerdings die Einreichung eines neuen Antrags für ein neues Zertifizierungsverfahren, wenn sich die fachlichen Voraussetzungen für den Erwerb der Ingenieur-Qualifikation maßgeblich geändert haben (in der Regel nach Erwerb neuer Praxis).

Zum Ablauf des Gesprächs beachten Sie bitte folgendes:

Der Termin für Ihr Fachgespräch wird Ihnen mindestens einen Monat im Vorhinein von der Zertifizierungsstelle, bei der Sie den schriftlichen Antrag eingereicht
haben, mitgeteilt. Sollten Sie diesen Termin nicht wahrnehmen können, teilen Sie dies der Zertifizierungsstelle unverzüglich mit. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt ein berechtigter Grund zur Terminabsage ergeben (z.B. aufgrund eines Unfalls, einer Krankheit), setzen Sie sich ebenfalls sofort mit der Zertifizierungsstelle in Verbindung bzw. übermitteln Sie auf Verlangen entsprechende Nachweise. Eine nicht-fristgerechte Bekanntgabe von Absagegründen oder ein unentschuldigtes Fernbleiben wirkt sich auf die Höhe der Refundierung der Zertifizierungstaxe aus. Genaue Informationen über die in diesem Zusammenhang geltenden Regelungen erhalten Sie bei Ihrer Zertifizierungsstelle.

Gleichzeitig mit dem Termin wird Sie die Zertifizierungsstelle auch über den Ort des Fachgesprächs informieren. Dieser ist üblicherweise die Zertifizierungsstelle selbst.

Bringen Sie zum Fachgespräch unbedingt Ihren Reisepass oder Personalausweis mit, da Sie sich am Beginn des Gesprächs ausweisen müssen.

Ausgangspunkt des Gespräches wird Ihre Tätigkeitsbeschreibung sein, die den Mitgliedern der Zertifizierungskommission einige Zeit vor Ihrem Fachgespräch übermittelt wurde. In Vorbereitung auf das Gespräch sollten Sie daher Ihre Beschreibung nochmals genau durchlesen und sich gegebenenfalls weiterführende Informationen zu den dargestellten Projekten/Arbeitsaufgaben notieren.

Nach Ablauf des Gesprächs werden Sie gebeten, kurz den Raum zu verlassen, damit sich die Fachexperten/-expertinnen über das Ergebnis beraten können.
Dieses wird Ihnen unmittelbar nach der Beratung bekannt gegeben. Einige Zeit nach dem Fachgespräch übermittelt Ihnen die Zertifizierungsstelle das Ergebnis auch in schriftlicher Form: Bei einem positiven Ergebnis erhalten Sie von der Zertifizierungsstelle die Ingenieur-Urkunde. Wenn keine Feststellung möglich war, wird Sie die Zertifizierungsstelle über den neuen Termin für das zweite Fachgespräch informieren oder einen negativen Bescheid ausstellen.

Jedes Zertifizierungsverfahren wird von den Fachexperten/-expertinnen protokolliert. Auf Antrag können Sie Einsicht in dieses Protokoll nehmen. Diesen Antrag stellen Sie bei der Zertifizierungsstelle.
Wenn Sie das Zertifizierungsverfahren positiv absolviert haben, sind Sie berechtigt, die Qualifikationsbezeichnung „Ingenieur“ bzw. „Ingenieurin“ in Kurzform (Ing. bzw. Ing.in oder Ing.in) oder in vollem Wortlaut mit oder ohne Hinweis auf das NQR-Niveau 6 zu führen.
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